Hodenhochstand (Maldescensus testis, Kryptorchismus)
Hodenhochstand (Maldescensus testis, Kryptorchismus)
Da die Hoden wie die Eierstöcke beim Fötus etwa auf der Höhe der Nieren im Bauchraum entstehen, müssen sie während der Entwicklung im Mutterleib über den Leistenkanal in den Hodensack „hinunterwandern“. Das nennt man Hodenabstieg (Descensus testis). Das passiert normalerweise ab SSW 24.
Bei etwa 3 bis 6 von 100 neugeborenen Jungs passiert das nicht oder nicht vollständig, was dann als Hodenhochstand bezeichnet wird. Auch bei etwa jedem dritten Frühgeborenen sind die Hoden noch nicht im Hodensack, wenn es auf die Welt kommt. Bei den meisten Babys jedoch wandern die Hoden im Laufe des ersten Lebensjahres in den Hodensack, ohne dass etwas unternommen werden muss.
Nur rund 1 bis 2% aller einjährigen Jungs haben einen bleibenden Hodenhochstand und sind behandlungsbedürftig. Das sind jährlich rund 700 Jungs in der Schweiz.
Arten des Hodenhochstands
Grundsätzlich werden zwei Formen unterschieden: Die Hoden sind noch gar nicht in den Hodensack gewandert (Hodenhochstand) oder die Hoden sind an einen anderen Ort gewandert (Hodenektopie).
Entsprechend dem Wanderungsende unterscheidet man:
- Pendelhoden, Wanderhoden: Der Hoden liegt zwar im Hodensack, zieht sich aber ab und zu wieder in den Leistenkanal zurück, zum Beispiel bei sexueller Erregung oder Kälte. Dies ist im Allgemeinen nicht behandlungsbedürftig.
- Gleithoden: Der Hoden liegt vor dem Hodensack und lässt sich durch sanften Druck in den Hodensack verlagern. Da jedoch der Samenstrang noch zu kurz ist, zieht er sich sofort wieder in den Leistenkanal zurück.
- Leistenhoden: Der Hoden ist noch im Leistenkanal
- Kryptorchismus: Der Hoden ist „nicht auffindbar“ (griech: kryptos = verborgen), sondern ist noch immer im Bauchraum.
- Hodenektopie: Der Hoden hat einen „falschen“ Weg genommen und befindet sich zum Beipsiel im Bereich des Oberschenkels, des Damms etc.
Ursache Hodenhochstand
Als Ursache werden verschiedene Störungsmechanismen angenommen, dazu gehören:
- zu wenig Hormone
- Die Hoden reagieren nicht normal auf die Hormone.
- Eine körperliche Blockade könnte das Absinken verhindert haben.
Behandlung von Hodenhochstand
Bei der Neugeborenen-Basisuntersuchung ertastet die Ärztin/der Arzt, ob sich die beiden Hoden im Hodensack befinden. Wenn Sie nicht dort sind, kann mit einer speziellen Fingertechnik versucht werden, ob sich der Hoden im Leistenkanal befindet und in den Hoden „streichen“ lässt.
Wenn der Hoden gar nicht ertastet werden kann, wird Ihre Ärztin/Ihr Arzt den Hoden mit dem Ultraschallgerät suchen. Selten ist auch eine Bauchhöhlenuntersuchung (Laparaskopie) notwendig, um die Hoden aufzusuchen.
Bei den meisten Fällen löst sich das Problem des Hodenhochstandes im Laufe des ersten Lebensjahrs von selbst. Wenn Ihr Baby im Alter von sechs Monaten noch immer einen Hodenhochstand hat, wird die Kinderärztin/der Kinderarzt Sie wahrscheinlich an einen Kinderchirurgen überweisen. Je nachdem, wo sich die Hoden befinden, wird dann eine Behandlung angefangen.
Hormontherapie
Zuerst kann man eine Hormontherapie probieren. Ihr Baby erhält zuerst für etwa 4 Wochen Hormone in Form eines Nasensprays. Diese Hormontherapie kann mit sechs Monaten begonnen werden. Die Hormone lassen den Testosteronspiegel ansteigen und regen den Hoden an, zum Hodensack zu wandern.
Spricht Ihr Baby zu wenig auf die Therapie mit dem Nasenspray an, können ihm einmal pro Woche Hormone gespritzt werden.
Als Nebenwirkung kann Ihr Baby eine „Minipubertät“ haben: Der Penis wird grösser, ein paar Schamhaare spriessen und Ihr Baby könnte in dieser Zeit aggressiver reagieren. Sobald jedoch die Hormontherapie abgesetzt wird, verschwinden diese Symptome wieder.
Eine Hormontherapie sollte nicht länger als zwei Monate durchgeführt werden und nicht mehr nach dem ersten Geburtstag begonnen werden. Hat sie nicht zum gewünschten Erfolg geführt, wird eine Operation notwendig sein.
Operation
Bei der Operation wird der Leistenkanal oder Bauchraum mit einem kleinen Schnitt geöffnet. Dann wird der Hoden, die Gefässe und der Samenleiter vom umgebenden Gewebe befreit, bis der Samenleiter lange genug ist, dass man den Hoden in den Hodensack legen kann. Damit die Hoden nicht mehr zurück in den Bauchraum gleiten, wird der Hoden im Hodensack mit einer kleinen Naht festgebunden (Orchidopexie).
Diese Eingriffe sind so minimal, dass oftmals eine örtliche Betäubung genügt und dauert rund 30 bis 45 Minuten. Die meisten Operationen werden deshalb auch ambulant durchgeführt. Nur wenn die Hoden sehr tief in der Bauchhöhle liegen, müssen die Jungs zwei bis drei Tage im Spital bleiben.
Die Ärztin/der Arzt kontrolliert danach regelmässig, ob die Hoden noch immer im Hodensack sind. Denn selten kann es passieren, dass die Hoden wieder in die Bauchhöhle zurück wandern, zum Beispiel weil der Samenstrang zu kurz bleibt.
Bis zum 1. Geburtstag des Jungen sollte die Behandlung abgeschlossen sein.
Warum ist eine Behandlung wichtig
Ein Hodenhochstand kann zu Unfruchtbarkeit führen. Denn um Samen produzieren zu können, muss die Umgebungstemperatur der Hoden unter der Körpertemperatur liegen. Daher liegen die Hoden ja auch ausserhalb der Bauchhöhle, die Umgebungstemperatur im Scrotum beträgt um 33 Grad.
Rund 90% der Männer, die sich als Baby wegen eines Hodenhochstand behandeln lassen mussten, gemäss Studien normal zeugungsfähig (bei Gesunden liegt die Rate bei 95%). Bei beidseitigem Hodenhochstand liegt die Zeugungsfähigkeit zwischen 60-70%.
Ausserdem ist das Risiko für die spätere Entstehung von Hodenkrebs bei Hodenhochstand rund 20mal höher. Neuere Untersuchungen zeigen aber auf, dass auch eine Hodenhochstand-Behandlung die Gefahr der Krebsentwicklung nicht sehr mindert, allerdings kann der Hoden besser ertastet werden.
Auch kann es leichter zu einer sogenannten Hodentorsion kommen, bei der sich der Hoden und Samenstrang schraubenförmig verdrehen.
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Quellen:
- Pädiatrie 4,12, Dr. med. Valérie Oesch, «Hodenhochstand frühzeitig operieren», www.google.ch
- Universitätsabteilung für Kinder- und Jugendchirurgie im Donauspital/SMZ Ost Wien, Hodenhochstand (Maldescensus testis, Kryptorchismus), www.kidsdoc.at
- Grafik: © Babywelten / Martha Kosthorst - Fotolia.com