Zu viel Hygiene macht krank

  • Autor: Redaktion Babywelten
  • Veröffentlicht am 14. Juli 2016

Allergien wie Neurodermitis, Heuschnupfen und Asthma breiten sich immer mehr aus. Ein Grund dafür kann eine übertriebene Sauberkeit sein.

Allergien wie Neurodermitis, Heuschnupfen und Asthma breiten sich immer mehr aus. Schätzungsweise eine halbe Million Menschen in der Schweiz leiden beispielweise an der stark juckenden Hautkrankheit Neurodermitis, darunter vor allem auch viele Babys und Kleinkinder.

Seit einiger Zeit nun erklären sich Wissenschaftler diese Zunahme der Allergien mit der „Hygiene-Hypothese“. Sie geht davon aus, dass das Immunsystem in unserer zivilisierten Welt nicht mehr genug „gefordert“ wird, das heisst, dass die Babys und Kinder in einer viel sauberen und keimfreien Umgebung aufwachsen.

Damit erhält das kindliche Immunsystem, das noch mitten in der Entwicklung ist, nicht mehr genug Anreiz durch Bakterien, Viren oder Parasiten. Und dies wiederum löse allergische Reaktionen auf eigentlich ganz harmlose Substanzen wie Blütenpollen, Hausstaub, Inhaltsstoffe von Nahrungsmitteln etc. aus.

Belegt wird die Hygiene-Hypothese u. a. durch verschiedene Untersuchungen, die zeigten, dass Kinder, die auf einem Bauernhof aufwachsen, wo es viel mehr Bakterien und Pilze hat, viel seltener an Allergien erkranken als Stadtkinder.

Daumen lutschen

In das Kapitel Hygiene gehört auch, dass Kinder, die an ihrem Daumen lutschen oder Nägel kauen, sind offenbar weniger anfällig für Allergien sind, wie eine neuseeländische Studie mit Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren gezeigt hat. Bei diesen Kindern sprachen später nur 38 von 100 Personen auf einen Allergietest an, während es in der Gruppe ohne Nägelkauen und Daumenlutschen 49 von 100 waren.

Allerdings wird dennoch nicht empfohlen, Ihr Kind zum Daumenltuschen oder Nägelkauen zu ermuntern. Denn die Forscher sind sich einig, dass der konkrete Nutzen im Verhältnis zu möglichen Risiken noch unklar ist. Aber die Studie soll Ihnen zeigen, dass etwas weniger Hygiene positive Seiten haben kann.

Von Allergien bis Diabetes

Eine zu saubere Umgebung kann auch Diabetes bei Kleinkindern fördern.

Finnische Wissenschaftler haben herausgefunden, dass zu viel Sauberkeit in den ersten Lebensjahren die Abwehrkräfte gar schwäche und das Immunsystem durcheinander bringe. Sie raten daher Eltern, Ihre Kinder oft mit Staub, Mikroben und Viren in Kontakt zu bringen. Das würde das Immunsystem trainieren und damit auch vor Allergien und Diabetes schützen.

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Quellen:

  • Flohr C u.a., Atopic dermatitis and the hygiene hypothesis revisited, 2011;41:1-34. doi: 10.1159/000323290. Epub 2011 May 12, www.ncbi.nlm.nih.gov (12.9.2014)
  • Jean-François Bach and Lucienne Chatenoud, The Hygiene Hypothesis: An Explanation for the Increased Frequency of Insulin-Dependent Diabetes, www.ncbi.nlm.nih.gov (12.9.2014)
  • Stephanie J. Lynch u.a., Thumb-Sucking, Nail-Biting, and Atopic Sensitization, Asthma, and Hay Fever, July 2016, pediatrics.aappublications.org (14.7.2016)
  • Foto: Babywelten GmbH