

Neuralrohrdefekt NRD (Spina bifida)
Etwa 18 Tage nach der Befruchtung der Eizelle – also in SSW 4 - beginnt die Bildung des Zentralnervensystems.
Aus den äusseren Schichten des Embryos wird die Neuralplatte gebildet, die später zu Hirn und Rückenmark wird. Die Neuralplatte wird von einem Graben durchzogen, der Neuralrinne, deren Seiten sich einander immer mehr nähern, bis sie sich zu einer Röhre, dem Neuralrohr, geschlossen haben, das dann schützend von der Wirbelsäule umschlossen wird.
Dieser Prozess ist um den 26. Tag nach der Befruchtung abgeschlossen und sehr kritisch. Denn, wenn sich das Rohr nicht vollständig auf der ganzen Länge schliesst, liegt das Rückenmark ungeschützt im Körper.
Dort, wo das Neuralrohr offen bleibt, können sich darüber weder die Knochen (Wirbelbögen, Schädelknochen), noch die Haut schliessen. Dadurch kann Hirnwasser (Liquor) auslaufen. Die Folge sind ein sogenannter „offener Rücken“ (Spina bifida; Myelomeningozele) oder das Fehlen des Grosshirns bzw. ein offener Hirnschädel (Anenzephalie).
Rund 50 bis 60 Fälle in der Schweiz
Kinder mit Anenzephalie werden tot geboren oder sterben kurz nach der Geburt. Hingegen können Kinder mit Spina bifida fast immer überleben, allerdings nur dank modernen medizinischen und chirurgischen Massnahmen. Die Kinder leiden jedoch an schweren Behinderungen wie Querschnittlähmung, Stuhl- und Harninkontinenz.
Rund 90 Prozent der Babys mit Spina bifida haben auch einen Wasserkopf (Hydrozephalus) und häufig weitere Fehlbildungen.
Dank einer guten Prävention sindin der Schweiz jährlich nur noch 50 bis 60 Fälle von Spina bifida bekannt. Die Erkrankungen können durch die frühzeitige und regelmässige Einnahme von Folsäure-Supplementen während der Schwangerschaft weitgehend verhindert werden. Zu den wichtigsten Vitaminen und Mineralstoffen für eine gesunde Entwicklung gehören auch Eisen und Vitamin D.
Kann man einen Neuralrohrdefekt feststellen?
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Fötos im Ultraschall, auf dem Bauch liegend, mit offenem Rücken in SSW 20: Man sieht eine Art Art Blase, wo das Rückenmark aus dem Rücken tritt. |
Ihr Arzt wird im Ultraschall genau prüfen, ob sich die Neuralrinne ganz geschlossen hat. Ebenso könnte man im Ultraschall sehen, ob sich der Kopf als Folge einer Spina bifida vergrössert. Allerdings setzt das voraus, dass Ihr Arzt im Auswerten von Ultraschallbildern eine gewisse Erfahrung hat.
Wenn der Verdacht auf einen Neuralrohrdefekt besteht, kann auch ein Bluttest weitere Hinweise geben. So wird der Anteil des alpha1-Fetoproteins (AFP) im Blut gemessen: Mütter von Kindern mit Spina bifida haben einen erhöhten Blutwert.
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Quellen:
- Broschüre „Folsäure ist unentbehrlich für die normale Entwicklung des Kindes“. Bern: Bundesamt für Gesundheit (BAG), 2008
- Baerlocher K, Eichholzer M, Lüthy J, Moser U, Tönz O. Massnahmen zur Prophylaxe von Neuralrohr-Defekten und zur Verbesserung der Folsäure-Versorgung in der Schweiz. Bericht der Arbeitsgruppe «Folsäure-Prophylaxe» der Eichholzer M., Camenzind-Frey E., Amberg J., Baerlocher K., Moser U., Rosé B., Tönz O.
- Folsäure ist unentbehrlich für die normale Entwicklung des Kindes. Bern: Bundesamt für Gesundheit (BAG), 2008.
- Eidgenössischen Ernährungskommission, Bundesamt für Gesundheit, Bern, 2002
- Schweizer Nährwertdaten V2.01, ETH Zürich & Bundesamt für Gesundheit
- Foto: © Wolfgang Moroder.